Sarkoidose

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Die Sarkoidose (von griechisch σαρκώδης, sarkódes, „die fleischige [Krankheit]“, „die die Weichteile Betreffende [Krankheit]“; auch Morbus Boeck [buːk] oder Morbus Schaumann-Besnier) ist eine systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung, die meistens zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auftritt. Die genaue Ursache der Krankheit ist bis heute unbekannt.

Bei der Sarkoidose bilden sich mikroskopisch kleine Knötchen (Granulome) in dem betroffenen Organgewebe, verbunden mit einer verstärkten Immunantwort. Besonders betroffen sind Lymphknoten (90 % der Fälle) sowie die Lunge (90 %). Aber auch andere Organe wie Leber (60–90 %), Augen (25 %), Herz (5 %), Skelett (25–50 %), Milz (50–60 %) oder Haut (25–50 %) und sogar das Knochenmark (15-40 %) können betroffen sein (Neurosarkoidose als Beispiel bezeichnet den Befall des Nervengewebes). Da die Erkrankung familiär gehäuft auftreten kann, wird eine genetische Veranlagung vermutet. Im Februar 2005 wurde eine erste Genveränderung gefunden, die ein Ausbrechen der Krankheit beeinflusst. So reicht die Mutation eines einzigen Basenpaares im Gen BTNL2 auf dem Chromosom 6 aus, um die Erkrankungswahrscheinlichkeit um 60 Prozent zu erhöhen. Eine Veränderung der Genkopien auf beiden Chromosomen erhöht das Risiko auf das dreifache. BTNL2 beeinflusst eine Entzündungsreaktion, die bestimmte weiße Blutkörperchen aktiviert.

Man unterscheidet eine zunächst akut verlaufende Form der Sarkoidose (das so genannte Löfgren-Syndrom) von der schleichend und symptomarm einsetzenden chronischen Verlaufsform. In Deutschland tritt die Erkrankung in 20–30 Fällen auf 100.000 Einwohner auf.

Erstmals ist sie von Ernest Besnier und Cæsar Peter Møller Boeck in den Jahren 1889 und 1899 als Hauterkrankung beschrieben worden. Im Jahre 1924 erkannte Jörgen Nilsen Schaumann, dass es sich hierbei um eine systemische Erkrankung verschiedener Organe handelt. Der Schwede Sven Halvar Löfgren beschrieb 1953 die nach ihm benannte akute Verlaufsform.


Epidemiologie

Sarkoidose ist eine weltweit vorkommende Krankheit, von der Männer etwas häufiger als Frauen betroffen sind, wobei sich die Zahlen mit zunehmendem Alter umkehren. In den USA und Europa wird der Anteil der betroffenen Personen (die Prävalenz) je nach Bemessungsgrundlage zwischen 1–40 pro 100.000 Einwohner angegeben. Eine überdurchschnittliche Häufung findet man bei Nordeuropäern und der afroamerikanischen Bevölkerung in den USA (Newman et al.). Den höchsten Anteil von Neuerkrankungen (Inzidenz) findet man in Schweden und Island mit über 60 Fällen pro 100.000 Einwohner. In Deutschland beträgt die Inzidenz 10–12 pro 100.000 Einwohner .


Symptome

Oft ist die Lunge betroffen, da aber alle Organe betroffen sein können, sind die Symptome variabel. Meist zeigt sich die Erkrankung durch ein Druckgefühl im Oberkörper mit zunehmendem Husten bis hin zur Atemnot sowie durch Schwellung der Lymphknoten. Die Patienten leiden häufig unter Müdigkeit (Fatigue) und Gelenkschmerzen. Beim häufigen Löfgren-Syndrom sind Fieber, Gelenkschmerzen, Leber- und Milzschwellungen sowie eine akute Entzündung des Unterhautfettgewebes mit „Knötchenbildung“ (das Erythema nodosum; Bild) die am häufigsten genannten Symptome. Bei Hautbeteiligung können auch Hautknötchen in unterschiedlichen Verteilungsmustern auftreten. Die an der Haut sichtbaren Veränderungen weisen als erstes wahrnehmbares Symptom oft auf die Diagnose hin. Eine charakteristische chronische Verlaufsform der Haut ist als Lupus pernio bekannt und imponiert durch eine bläuliche Schwellung mit Erosionen der Wangen, Nase, Lippen und Hände.

Bei kardialem Befall können Herzrhythmusstörungen oder Herzmuskelschwäche auftreten. Bei einer Augenbeteiligung findet man häufig eine Uveitis (Entzündung der mittleren Augenhaut), die sich bei Beteiligung des Tränenganges zu einer Keratokonjunktivitis sicca ausweiten kann. Selten findet man bei einer Nierenbeteiligung einen gestörten Kalziumstoffwechsel, welcher mit einer Nephrokalzinose (Nierenverkalkung) einhergehen kann. Die zystische Umwandlung der Fingerknochen (Jüngling-Syndrom) ist Ausdruck eines Knochenbefalls. Die Sarkoidose der Nerven zeigt sich manchmal in einseitiger Schwäche des Gesichtsmuskelnerven (Heerfordt-Syndrom) bis hin zu einer vollständigen Lähmung einer oder beider Gesichtshälften (einer Fazialisparese). Auch eine Beteiligung der Meningen (Hirnhäute) und der Nasennebenhöhlen mit möglicher späterer Zerstörung der Knorpelanteile wird beschrieben (Vorkommen bei 2 bis 18 % der Patienten).

Sehr selten ist ein Befall des Hypothalamus-Hypophysen-Regelkreises mit einem daraus resultierenden Diabetes insipidus.


Diagnostik

Sarkoidose in der Computertomographie: Querschnitt durch den Thorax im Bereich der Aufzweigungen der Bronchien (der Hili) mit vielen vergrößerten Lymphknoten (Pfeile). histologisches Präparat eines Lymphknotens mit Sarkoidose-Befall (Hämatoxylin-Eosin-Färbung) Sarkoidose der Milz in der Computertomographie: Viele kleine Knötchen in der Milz rechts im Bild.

Da potenziell jedes Organ durch die Krankheit betroffen sein kann, richtet sich die Diagnostik nach der jeweiligen Beschwerdesymptomatik. Aufgrund der oft symptomlos verlaufenden Lymphknotenschwellungen wird die Sarkoidose nicht selten zufällig beim Röntgen-Thorax festgestellt. Je nach Befallsmuster und Zeichnung im Röntgenbild oder in der Computertomographie wird die pulmonale Sarkoidose in folgende Stadien eingeteilt:

  • Stadium 0: Normalbefund der Lunge bei Befall eines anderen Organs
  • Stadium I: symmetrische Lymphknotenvergrößerung ohne sichtbaren Befall des Lungengewebes
  • Stadium II: beidseitige Lymphknotenvergrößerung mit diffuser Bildung von Granulomen im Lungengewebe
  • Stadium III: Lungenbefall mit fehlender Lymphknotenvergrößerung
  • Stadium IV: fibrotischer Umbau des Lungengewebes mit Funktionsverlust der Lunge

Im Labor findet sich bei der akuten Verlaufsform oft eine Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) sowie ein erhöhter Anteil der Blutkörperchen mit jüngerem Alter im Blutbild (die so genannte Linksverschiebung). Erhöhte Antikörper- und Immunglobulin-G-Werte bei mehr als der Hälfte der Patienten sind Zeichen einer erhöhten Aktivität der B-Zellen. Parallel dazu findet man eine Störung der T-Zellen, die sich klinisch in einem negativen Tuberkulin-Test äußern kann.

Auch das Angiotensin Converting Enzyme (ACE) kann in über 60 % der Patienten erhöht sein, was aber auch bei anderen Erkrankungen vorkommt, sodass es sich vorwiegend als Verlaufsparameter eignet. Bei Nierenbeteiligung misst man erhöhte Kalzium-Mengen in Urin und Blut und einen erhöhten Calcitriol-Spiegel. Ein erhöhter Neopterin-Spiegel korreliert meist mit der Entzündungsaktivität der Makrophagen.


Eine Lungenfunktionsprüfung, meist auch eine Röntgenaufnahme der Lunge sowie eine Computertomographie werden durchgeführt, um die Therapiebedürftigkeit abschätzen zu können. Eine Bronchiallavage ist oft nützlich. Eine transbronchiale Biopsie der vergrößerten Lymphknoten kann histopathologisch zur Diagnosesicherung beitragen. Dabei werden in den Präparaten insbesondere nicht-verkäsende, epitheloidzellige Granulome mit Langhansschen Riesenzellen und einem Randwall aus Lymphozyten, Monozyten und Fibroblasten beobachtet. Das histologische Bild ist allerdings nicht spezifisch für die Sarkoidose. Die 67Ga-Szintigrafie, bei der sich das radioaktive Nuklid in aktiven Granulomen anreichert, wird heutzutage wenig verwendet.


Differenzialdiagnose

Der Verdacht auf Sarkoidose muss vor allem von einer Lungentuberkulose, einer Tumoraussaat der Lunge (Lymphangiosis carcinomatosa) oder einem Lymphom abgegrenzt werden. Auch andere fibrosierende Lungenerkrankungen, wie Langerhans-Zell-Histiozytose X, exogen-allergische Alveolitis und Pneumokoniosen wie Silikose, Mischstaubsilikose oder Asbestose kommen in Frage. Bei Vorhandensein eines Erythema nodosum muss auch an Borreliose, Yersinien, diverse Bakterien, Mukoviszidose, Morbus Crohn und weitere Erkrankungen gedacht werden, die mit derselben Symptomatik einhergehen. Verlauf und Prognose [Bearbeiten]

Je nach Stadium sind die Verlaufsformen der Sarkoidose zu bewerten. Insbesondere im Stadium I hat sie bei einer akuten Verlaufsform in über 90 % der Fälle die Neigung zur Selbstheilung ohne weiteren Therapiebedarf. Auch im Stadium II gibt es noch eine hohe Spontanheilungsrate. Ansonsten verläuft die Krankheit chronisch, meist schubförmig mit günstiger Prognose. Im Stadium III ist mit einer jahrelangen stationären Verlaufsform zu rechnen, die auch bis hin zum Cor pulmonale und respiratorischer Insuffizienz (Atemnot) fortschreiten kann. Hier ist die Indikation zu einer medikamentösen Therapie mit Kortikosteroiden gegeben. Die Prognose der Sarkoidose ist insgesamt gut, nur 5 % der Fälle gehen in die chronische Verlaufsform über, welche bei weniger als 1 % der Fälle tödlich endet. Als Faustregel gilt: Je jünger der Patient, je akuter der Verlauf, desto besser die Prognose.


Therapie

Eine kausale Therapie existiert bei der Sarkoidose noch nicht. Man versucht die unterschiedlichen Beschwerden symptomatisch zu lindern. Bei eindeutigem Organbefall wird eine Kortisontherapie durchgeführt, zum Beispiel bei funktionellen Einschränkungen der Lunge und insbesondere im Stadium III oder bei Hyperkalzämie (unter anderem bei starkem Knochenmarksbefall). Die Therapie wird dabei in der Regel über mehrere Monate durchgeführt, anschließend ausgeschlichen. In der Langzeittherapie können auch Immunsuppressiva wie Azathioprin und Chloroquin verwendet werden.

Beim Löfgren-Syndrom und in akuten Schüben werden statt (oder zusätzlich zu) Prednison auch Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac eingesetzt.


Bemerkungen zur Therapie

Wenn die Hauterscheinungen bei der Sarkoidose im Vordergrund stehen (kutane Sarkoidose) ist eine alleinige Therapie mit Allopurinol oft wirksam. Der Wirkmechanismus ist hierbei ungeklärt.

Der Zeitpunkt des Beginns der Therapie mit Corticosteroiden bei Sarkoidose ist nicht unumstritten, da diese Therapie die Symptome nur unterdrückt und bei Beendigung der Therapie wieder auftreten lassen könnte. Eine Untersuchung zur Kortisontherapie[1] kam allerdings zu dem Ergebnis, dass die Behandlung mit Kortison die Rückfallquote wesentlich erhöhe. Als mögliche Ursachen wird zum einen die Kortisonbehandlung an sich genannt. Alternativ könnte es auch einfach darauf zurückzuführen sein, dass überwiegend schwerere Krankheitsverläufe mit Kortison behandelt wurden.

Derzeit wird in einer multizentrischen, prospektiven Studie die Wirkungsweise des TNF-α-Blockers Infliximab getestet, wie auch bei anderen Krankheitsbildern aus dem rheumatischen Formenkreis (in einem Artikel im deutschen Ärzteblatt[2] über die Behandlung von Morbus Crohn mit Infliximab wird allerdings darauf hingewiesen, dass Infliximab bei dieser Erkrankung eine höhere Sterblichkeit zur Folge habe).


Infektion als mögliche Ursache

Gewisse Ähnlichkeiten zwischen Sarkoidose und Tuberkulose führten zum Verdacht, dass auch die Sarkoidose bakterielle Ursachen haben könnte. Versuche, die Sarkoidose mit Tuberkulosemedikamenten zu behandeln, blieben weitgehend erfolglos. In einer Metastudie wurden alle Arbeiten zwischen 1980 und 2006, die versuchten, Mycobakterien bei Sarcoidose mithilfe von PCR zu finden, zusammengefasst. Es ergab sich eine klare Assoziation von manchen Typen der Sarkoidose mit dem Vorhandensein der Erreger.[3] Induktion durch Interferon [Bearbeiten]

In einigen Fällen ist die Auslösung einer Sarkoidose durch Interferon beschrieben, was zu einer relativen Kontraindikation dieses Medikaments bei Sarkoidose geführt hat.

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